Würdigung des Motu proprio «Spiritus Domini»

Spiritus Domini – ein folgerichtiger Schritt

Den Entscheid von Papst Franziskus, die Dienste von Lektorat und Akolythat in Zukunft auch für Frauen zu öffnen, begrüsse ich sehr und freue mich darüber. Um die Bedeutung seines Motu proprio „Spiritus Domini“ zu würdigen, muss ich hier etwas ausholen.

Mit seinem Schreiben „Ministeria quaedam“ schaffte Papst Paul VI. 1972 die sogenannten „Niederen Weihen“ ab und führte die Dienste des Lektors und des Akolythen ein. Die Aufgabe des Lektors sollte es vor allem sein, in gottesdienstlichen Feiern die Lesungen vorzutragen, die Aufgabe des Akolythen, am Altar zu dienen und bei der Spendung der Eucharistie zu helfen, sowohl in der Feier als auch bei der Krankenkommunion. Paul VI. betonte, dass diese Dienste Laiendienste seien und deshalb keine Weihe erforderten. Wohl weil vor allem auch Weihekandidaten zu diesen Diensten beauftragt werden, beschränkte er den Zugang zu ihnen aber auf Männer. Papst Franziskus geht nun rund 50 Jahre später davon aus, dass diese Dienste am Wort und am Altar auf der Taufe fussen und darum allen Getauften offenstehen sollen. Deshalb ist es folgerichtig, dass der Papst diese Beschränkung aufgehoben hat und in Zukunft Frauen und Männer dauerhaft zu den Diensten des Lektorats und Akolythats beauftragt werden können. Damit antwortet Papst Franziskus auf Anfragen aus vielen Teilen der Weltkirche, auch aus unserer Liturgischen Kommission der Schweiz.

In der Praxis der Kirche in der Schweiz wird sich durch diese neue Regelung bis auf die Art der Beauftragung wenig ändern. Schon seit vielen Jahren verkünden bei uns Männer und Frauen im Gottesdienst das Wort Gottes als Lektorinnen und Lektoren und helfen Frauen und Männer beim Austeilen der Eucharistie im Gottesdienst und am Krankenbett als Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer. Allerdings fielen diese Aufgaben nicht unter die Begriffe «Lektorat» und «Akolythat» im eigentlichen Sinn. Durch diese neue Regelung des Papstes wird sich in der kirchlichen Praxis in der Schweiz bis auf die Art der Beauftragung jedoch wenig ändern. Ich bin dankbar, dass diese Dienste bei uns nun schon seit bald 50 Jahren wahrgenommen werden. Insbesondere danke ich den Männern und Frauen, die diese Dienste engagiert und treu ausüben.

Der Entscheid von Papst Franziskus kann dazu beitragen, diese Dienste von Laien, Frauen und Männern aus unseren Gemeinden im Gottesdienst neu zu schätzen und zu würdigen. Ich hoffe, dass dadurch mehr Männer und Frauen ermutigt werden zum Einbringen ihrer Charismen als Getaufte und zur aktiven Mitarbeit im Gottesdienst als Lektorinnen und Lektoren und als Akolythinnen und Akolythen. Denn die Feier des Gottesdienstes ist nicht allein Sache des Priesters, auch nicht der übrigen Hauptamtlichen, sondern der ganzen Gemeinde, in der Christus gegenwärtig ist. Das macht die Vielfalt der Charismen und Dienste deutlich, die am Gottesdienst mitwirken.

+Urban Federer
Abt von Einsiedeln